Mehrere Ehepartner in Deutschland? Rechtliche Realität bei Syrern, Erbrecht und Unterhalt

Mehrehe in Deutschland – verboten, aber manchmal doch möglich

In Deutschland ist die Mehrehe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich verboten. Doch die Realität in Einwanderungsfällen, insbesondere bei syrischen Männern, zeigt ein komplexeres Bild: Mehrfachehen können unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich anerkannt werden. Das hat erhebliche Folgen für das Familien-, Erb- und Unterhaltsrecht. Dieser Artikel erklärt, wie Mehrfachehen in Deutschland möglich sind – und welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Anerkennung ausländischer Mehrehen: Das Internationale Privatrecht macht's möglich

Nach deutschem Recht (§ 1306 BGB) ist es untersagt, mit mehreren Personen gleichzeitig verheiratet zu sein. Doch das Internationale Privatrecht (IPR) öffnet unter bestimmten Bedingungen einen rechtlichen Spielraum:

Ausländische Ehen werden in Deutschland grundsätzlich anerkannt, wenn sie nach dem Heimatrecht der Beteiligten wirksam geschlossen wurden.

Bei syrischen Staatsangehörigen, die in Syrien zwei oder mehr Ehefrauen geheiratet haben, gelten diese Ehen als wirksam, auch wenn sie gegen deutsches Eheverbot verstoßen.

Eine Anerkennung wird nur dann versagt, wenn die Ehe gegen den sogenannten ordre public (die deutsche öffentliche Ordnung) verstößt und ein starker Inlandsbezug besteht.

Da die Ehen im Ausland – etwa in Syrien – geschlossen wurden, liegt in der Regel kein ausreichender Inlandsbezug vor. Die Folge: Die Mehrehe wird in Deutschland anerkannt, obwohl sie nach deutschem Recht verboten wäre.

Was passiert, wenn der Syrer deutscher Staatsbürger wird?

Auch wenn ein syrischer Mann später die deutsche Staatsangehörigkeit erhält, bleibt seine zuvor rechtmäßig geschlossene Mehrehe bestehen. Die Ehen gelten als Bestandsschutz, solange sie nicht ausdrücklich aufgehoben werden. Eine automatische Auflösung durch den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erfolgt nicht.

Unterhaltspflichten bei mehreren Ehepartnern

Nach der Anerkennung einer Mehrehe stellt sich die Frage: Wem gegenüber besteht eine Unterhaltspflicht?

Grundsätzlich gelten alle anerkannten Ehefrauen als unterhaltsberechtigt.

Der unterhaltspflichtige Mann muss die Leistungsfähigkeit gegenüber allen Ehefrauen aufteilen.

Die Rechtsprechung berücksichtigt hierbei die wirtschaftliche und tatsächliche Lebenssituation der Beteiligten.

Im Regelfall gilt: Je mehr Ehefrauen unterhaltsberechtigt sind, desto geringer ist der Unterhaltsanspruch der Einzelnen.

Besonders relevant wird dies im Scheidungsfall oder bei Trennung – hier sind die Verhältnisse im Einzelfall zu prüfen.

Erbrechtliche Folgen der Mehrehe

Wenn ein Mann mit mehreren anerkannten Ehefrauen verstirbt, wird auch das Erbrecht relevant. Und hier greift das deutsche IPR erneut.

Ist deutsches Erbrecht anwendbar (z. B. weil der Verstorbene in Deutschland lebte oder deutscher Staatsbürger war), erben alle Ehefrauen gemeinsam nach § 1931 BGB.

Die Ehefrauen teilen sich dabei gemeinsam die Hälfte des Nachlasses, die ihnen als Ehegattenerbteil zusteht – neben den Kindern als Erben erster Ordnung, die die andere Hälfte erhalten.

Der Güterstand ist entscheidend: Bei gesetzlichem Zugewinnausgleich erhöht sich der Erbteil der Ehefrauen pauschal um ein Viertel (§ 1371 BGB) – ebenfalls gemeinsam.

Wie wird die Erbquote konkret verteilt?

Die Ehefrauen gelten als gleichberechtigte Ehegattinnen.

Die ihnen zustehende hälftige Erbquote wird unter allen Ehefrauen aufgeteilt – also z. B. bei zwei Frauen je 1/4.

Die Kinder erhalten gemeinsam die andere Hälfte.

Eine vollständige Enterbung der Kinder durch die Ehefrauen ist nicht möglich, es sei denn, es existiert ein wirksames Testament.

Sonderfall: Heirat mit einer deutschen Frau trotz bestehender Mehrehe

Konstellation (fiktives Fallbeispiel):
Ein syrischer Mann lebt in Deutschland mit zwei anerkannten Ehefrauen. Er verliebt sich in eine Deutsche, lässt sich von einer seiner syrischen Ehefrauen scheiden und heiratet die Deutsche in Dänemark – ohne die zweite syrische Ehe aufzulösen.

Rechtliche Bewertung:
Die Ehe mit der Deutschen verstößt gegen § 1306 BGB (Doppeleheverbot).

Sie ist jedoch nicht automatisch nichtig, sondern aufhebbar – und zwar nur auf Antrag (§ 1314 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Solange niemand die Aufhebung beantragt, besteht die Ehe rechtlich fort.

Kommt es zum Todesfall, ohne dass ein Aufhebungsverfahren lief, ist die deutsche Ehefrau nicht gesetzliche Erbin, wenn sie von der bestehenden Vorehe wusste – sie gilt dann als nicht schutzwürdig.

Testamentarische Absicherung der deutschen Ehefrau

Trotz fehlenden gesetzlichen Erbrechts kann die deutsche Ehefrau über ein Testament oder einen Erbvertrag bedacht werden. Wichtig:

  • Die testamentarische Verfügung sollte klar und juristisch eindeutig formuliert sein.
  • Der Erblasser kann die Frau als Erbin oder Vermächtnisnehmerin einsetzen.
  • Pflichtteilsrechte bestehen in diesem Fall jedoch nicht, da kein rechtsgültiges Eheverhältnis vorliegt.

Dies ist eine effektive Möglichkeit, um die deutsche Partnerin trotz rechtlicher Unsicherheiten abzusichern.

Zusammenfassung
Mehrfachehen sind in Deutschland grundsätzlich verboten, können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei im Ausland geschlossenen Ehen – rechtlich bestehen bleiben. Besonders bei syrischen Staatsangehörigen, die ihre Ehe(n) nach syrischem Recht geschlossen haben, können diese in Deutschland anerkannt werden. Das wirkt sich auch auf das Erb- und Unterhaltsrecht aus: Alle Ehefrauen gelten als erbberechtigt und erhalten gemeinsam die Hälfte des Nachlasses neben Kindern als Erben erster Ordnung, wobei der gesetzliche Güterstand des Zugewinnausgleichs eine Rolle spielt. Selbst eine in Deutschland unzulässige Ehe mit einer weiteren Frau (z. B. in Dänemark geschlossen) kann wirksam sein – und die Partnerin kann sogar testamentarisch bedacht werden.

Wichtig: Mehrehen werfen zudem komplexe steuerrechtliche Fragen auf – etwa zu Freibeträgen, Ehegattensplitting und Schenkungssteuer. Hier sollte frühzeitig ein Steuerberater mit Kenntnissen im internationalen Privatrecht hinzugezogen werden, um rechtliche und steuerliche Risiken abzufedern.

Sollten Sie Fragen zur Mehrehe, Testament oder Scheidung haben, bin ich für Sie in meiner Kanzlei in Wiesbaden jederzeit erreichbar.

 

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