Gewaltschutz
Gewalt kann in vielfältiger Art und Weise ausgeübt werden. Sei es körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt. Hiergegen können Sie sich auf unterschiedliche Art und Weise rechtlich zur Wehr setzen. Bevor jedoch rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollten Sie von den untenstehenden Notfallnummern ihrer eigenen Sicherheit wegen Gebrauch machen.
Häufig erlebe ich, dass Opfer häuslicher Gewalt, die Gewalt runterspielen. Sie sich auf Grund der Nähe zum Täter nicht als Betroffene, sondern vielmehr als Beteiligte sehen. Häufig spricht man dann davon, dass man ja auch nicht ganz unschuldig war. Für Gewalt gibt es jedoch keine Rechtfertigung.
Eine Form, sich gegen Gewalt in der Familie rechtlich zur Wehr zu setzen ist der Gewaltschutzantrag beim zuständigen Familiengericht.
Gewaltschutzanträge schützen zum einen das Opfer, schränken aber auch die Rechte des Täters ein. So können hierdurch Kontaktverbote, Umgangseinschränkungen / Umgangsverbote und gar Sorgerechtseinschränkungen ausgesprochen werden. Diese können je nach Ausgestaltung der Einschränkung schwerwiegende Eingriffe in das Elternrecht nach Art. 6 II S.1 GG darstellen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27.12.2023 – 1 BvR 2345/22, unterstreicht die Notwendigkeit einer detaillierten und spezifischen Begründung der Gerichte, wenn es um schwerwiegende Eingriffe in das Elternrecht nach Art. 6 II S.1 GG geht, insbesondere bei einem länger andauernden oder unbefristeten Umgangsausschluss oder dem Entzug des Sorgerechts. Die Gerichte müssen dabei die drohenden Schäden für das Kind in ihrer Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit konkret benennen. Dies ist erforderlich, um den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Schutz des Elternrechts gerecht zu werden.
In Eilverfahren, wie etwa bei einstweiligen Anordnungen, ist die Situation aufgrund der Eilbedürftigkeit komplexer. Hier sind die Aufklärungsmöglichkeiten beschränkt, dennoch muss die Gefährdungslage so deutlich sein, dass ein sofortiges Eingreifen gerechtfertigt ist, auch ohne weitere Ermittlungen. Dabei wird besonders die drohende Schwere der Beeinträchtigung des Kindeswohls berücksichtigt. Je schwerwiegender die zu erwartende Beeinträchtigung ist, desto geringere Anforderungen bestehen an die Tatsachengrundlage, um auf eine Gefährdung des Kindeswohls zu schließen.
Ein besonders sensibles Thema ist der Umgangsausschluss bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch. Das BVerfG entschied, dass bereits der Verdacht auf sexuellen Missbrauch und eine ablehnende Haltung des Kindes gegenüber dem beschuldigten Elternteil einen Umgangsausschluss rechtfertigen können, ohne das Elternrecht nach Art. 6 II S.1 GG zu verletzen. Auch ein Ausschluss des Umgangs mit anderen, nicht betroffenen Kindern kann in solchen Fällen gerechtfertigt sein, um die Bewältigung der Traumafolgen des betroffenen Kindes nicht zu beeinträchtigen.
Besondere Bedeutung kommt in diesen Zusammenhängen der Istanbul-Konvention zu, die seit dem 01.02.2018 als Bundesgesetz gilt und somit dem Landesrecht vorgeht. Art. 31 II der Istanbul-Konvention betont, dass die Ausübung des Besuchs- und Sorgerechts nicht die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder gefährden darf. Dies verlangt eine völkerrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts.
Das Kammergericht (KG) entschied am 4.8.2022, 17 UF 6/21, dass häusliche Gewalt gegen die Kindesmutter nicht automatisch zu einem Umgangsausschluss führt. Stattdessen müsse eine individuelle Abwägung erfolgen, bei der das Kindeswohl im Mittelpunkt steht. Art. 31 II der Istanbul-Konvention verbietet eine schematische Betrachtungsweise und fordert, dass die betroffene Mutter als Opfer häuslicher Gewalt angemessen berücksichtigt wird, ohne dass dies zwangsläufig zu einem Umgangsausschluss führen muss.
In Fällen von Gewalt in der Familie ist es essenziell, sofort zu handeln, um die Sicherheit nicht zu gefährden. Betroffene sollten unverzüglich Schutzmaßnahmen ergreifen, wie etwa einen Gewaltschutzantrag bei den zuständigen Amtsgerichten stellen. Unterstützung und Beratung bieten verschiedene Hilfetelefone und die Polizei:
- Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (116 016, rund um die Uhr und in vielen Sprachen)
- Hilfetelefon "Gewalt an Männern" (0800 123 9900)
- Hilfetelefon „Sexueller Missbrauch“ (0800 2255530)
- Polizei (110)
Was passiert wenn man gegen einen Kontaktverbot verstößt?
Wer trägt die Kosten im Gewaltschutzverfahren?
Sind Gewaltschutzverfahren öffentlich?
Es ist ratsam, sich in solchen Fällen rechtlich beraten zu lassen, um die bestmögliche Vorgehensweise zu klären und schnell Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Gerne können Sie mich in meiner Kanzlei in Wiesbaden hierzu kontaktieren.